Website von Nicolas Basse M.A.
#IngeDeutschkron100: Knesebeckstraße 17, Berlin-Charlottenburg. Emma und Franz Gumz wohnten hier und betrieben in demselben Haus ihre Wäscherei, zu deren Kundschaft auch Familie Deutschkron gehörte. Ella und Inge Deutschkron wurden hier zuerst versteckt, als sie untertauchten.
„Ich trug den gelben Stern“, Kapitel „Untergetaucht“, Textauszug: „Frau Gumz beugte sich vor. ‚Der Fritz von nebenan, Sie wissen schon, der junge Soldat, ist aus dem Osten zurückgekommen.‘ Dann fügte sie sehr leise hinzu: ‚Er hat erzählt, was sie dort mit den Juden machen.‘
‚Ja, was denn?‘ fragte meine Mutter spürbar erregt. ‚Ach, ich kann Ihnen das nicht erzählen, es ist furchtbar.‘ Ihre letzten Worte gingen in Tränen unter. ‚Der Fritz hat unterschreiben müssen, daß er nicht darüber spricht, aber wer kann denn das...!‘
'Es ist also wahr, was der englische Sender schon seit einiger Zeit berichtet.' Meine Mutter sagte es mehr zu sich selbst. Sie dachte an die vagen Meldungen über Vergasungen, Hinrichtungen, Erschießungen von Juden, an die keiner von uns so recht geglaubt hatte, oder vielleicht besser gesagt, nicht hatte glauben wollen. Es erschien so unfaßbar.
Frau Gumz schien die Frage meiner Mutter vorausgeahnt zu haben. Ganz schnell entgegnete sie: ‚Wir helfen Ihnen, ich verspreche es Ihnen. Mein Mann und ich haben das schon beschlossen. Sie kommen zu uns!‘ So einfach sagte sie das.“
Ella und Inge Deutschkron kamen für sechs Wochen in der Knesebeckstraße 17 unter, in einer kleinen Kammer der Erdgeschosswohnung des Ehepaars Gumz hinter deren Wäschereibetrieb. Inge Deutschkron verließ morgens das Haus zu ihrer Arbeit in der Blindenwerkstatt von Otto Weidt.
Sie war zu dieser Zeit bei Herrn Weidt als Kontoristin beschäftigt, während ihre Mutter die Tage beim Ehepaar Gumz zumeist auf engstem Raum in der Schlafkammer verbringen musste - bis wiederholte, neugierige Fragen aus der Nachbarschaft einen Versteckwechsel erforderlich machten.
Emma Gumz, deren Ehemann im Dezember 1945 bereits mit „Mitte 40“ verstarb, wurde im Jahr 1971 als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet und lebte bis 1981. Das Ehepaar war unter dem Naziterror auf verschiedene Weise an der Rettung vieler jüdischer Mitmenschen beteiligt.
Seitenblicke von der Knesebeckstraße 17 aus: Die Gedenktafeln am direkt benachbarten Haus Nr. 18/19 und am direkt gegenüberliegenden Haus Nr. 89 verdeutlichen, wie hoch die Zahl der Deportationen von Jüdinnen und Juden neben dem ersten Versteck von Ella und Inge Deutschkron war.